Pia de Leeuw 11. Dezember
Boreout – Wenn die Langeweile zur Krankheit wird
Boreout – Wenn die Langeweile zur Krankheit wird

(Lesezeit ca. 7 Minuten)

 

Die heutige Arbeitswelt ist geprägt von ständiger Aktivität, Leistung und dem Streben nach Erfolg. Stress und das daraus resultierende Burnout-Syndrom gilt schon längst als anerkannte Volkskrankheit. Doch was passiert, wenn das Gegenteil eintritt und sich Langeweile und Unterforderung am Arbeitsplatz breitmachen?

Das Boreout-Syndrom, auch als „Ausgelangweilt-Sein“ bezeichnet, ist ein Zustand, der nicht nur im Privatleben, sondern auch in der beruflichen Welt ernsthafte Auswirkungen haben kann. Laut der Arbeitnehmerzufriedenheitsstudie 2023, die von Avantgarde Experts geführt wurde, gaben 42 Prozent der 1093 erwerbstätigen Studienteilnehmer* an, dass sie wertvoller fürs Unternehmen sein könnten oder sich sogar unterfordert fühlen, bei den 45 - bis 54 - Jährigen sind es sogar 46 Prozent. Fast die Hälfte der Befragten fühlt sich nicht zu sehr gestresst, sondern gelangweilt. Ein Gefühl, das im schlimmsten Fall in ein Boreout-Syndrom umschlagen könnte.

In diesem Blogbeitrag beleuchten wir die Symptome und Ursachen des Boreout-Syndroms und geben sowohl Arbeitgebern als auch Arbeitnehmern wertvolle Tipps, wie sie diesem Phänomen vorbeugen können.

Symptome des Boreout-Syndroms

Ähnlich wie das Burnout-Syndrom wird auch das Boreout-Syndrom von Symptomen wie folgenden begleitet:

  • Niedergeschlagenheit
  • Depressionen
  • Antriebslosigkeit
  • Schlaflosigkeit

Darüber hinaus können physische Beschwerden wie Tinnitus, Magenprobleme, Kopfschmerzen und Schwindel auftreten. Diese Symptome können sich negativ auf die Gesundheit und das Wohlbefinden der Betroffenen auswirken, was das Boreout-Syndrom zu einem ernstzunehmenden Problem macht. Problematisch ist das Syndrom nicht nur für die Gesundheit der Betroffenen, sondern auch für die Unternehmen.

Der Schaden für die Wirtschaft, der durch das Boreout-Syndrom entsteht wird laut der Techniker Krankenkasse auf 250 Milliarden € geschätzt. Dieser entsteht durch Personalausfälle sowie eine mangelhafte Arbeitsweise. Arbeitnehmer die gelangweilt von ihrem Job sind, oder keine Sinnhaftigkeit in ihren Aufgaben finden, sind weniger motiviert diese ordentlich und gewissenhaft zu erledigen.

 

Ursachen

Die Ursachen des Boreout-Syndroms sind vielfältig. Einerseits spielt die mangelnde Übereinstimmung zwischen der Person und ihrem Arbeitsplatz eine wichtige Rolle. Ein Phänomen, das als 'Person-Job-Mismatch' bezeichnet wird und den Zustand beschreibt, dass die Fähigkeiten und Wünsche des Arbeitnehmers nicht zu dem ausgeführten Job passen. Hier sind die Arbeitgeber in der Verantwortung Aufgaben und die dazugehörigen Fähigkeiten ihrer Mitarbeiter einzuschätzen, sodass diese nicht unzufrieden werden.

Andererseits kann auch eine mangelnde Selbstverantwortung bei der Berufswahl dazu führen, dass Menschen in Tätigkeiten landen, die sie unterfordern und demotivieren. Einige fühlen sich in der Berufswahl überfordert und lassen lieber das Schicksal oder die Eltern entscheiden, statt sich selbst auf die Suche nach dem Job zu machen, der wirklich zu ihnen passt. In Zeiten der Jobknappheit kam es oft dazu, dass Arbeitnehmer einen Job nur angenommen haben, um Geld zu verdienen. Das führe nicht nur zu einer großen Unzufriedenheit, sondern auch zu dem Gefühl der Unterforderung und des Stillstands in der persönlichen Entwicklung. Dieses Gefühl kann im schlimmsten Fall zum Boreout-Syndrom führen.

 

Lösungen für Arbeitgeber und Arbeitnehmer

Für Arbeitgeber ist es von entscheidender Bedeutung, Maßnahmen zu ergreifen, um das Boreout-Syndrom in ihren Unternehmen zu bekämpfen. Aber auch Arbeitnehmer können das Boreout-Syndrom vorbeugen.

Hier sind einige Tipps für Arbeitgeber und Arbeitnehmer:

 

Tipp 1: Status Quo erfassen

Es ist wichtig, die aktuelle Situation zu verstehen. Führe anonyme Mitarbeiterumfragen durch, um herauszufinden, wie zufrieden deine Mitarbeiter mit ihren Aufgaben sind und ob es Anzeichen von Unterforderung gibt.

Spreche als Arbeitnehmer mit deinen Kollegen und erfrage deren Situation. Vielleicht könnt ihr eure Aufgaben untereinander so aufteilen, dass jeder sich beschäftigt fühlt.

 

Tipp 2: Klare Ziele und Zeiträume formulieren

Setze klare Ziele und realistische Zeitrahmen, um positiven Stress zu fördern. Verwende Tools zur Arbeitszeiterfassung, um die Arbeitslast gleichmäßig zu verteilen.

Als Arbeitnehmer kannst du dir auch eigene Ziele setzen und deinen Kalender führen. Kommuniziere klar wie lange du für welche Aufgabe benötigst, um deinen Chef darauf hinzuweisen, dass du vielleicht mehr Aufgaben übernehmen kannst.

 

Tipp 3: Vertrauen durch Einzelgespräche schaffen

Schaffe eine Atmosphäre des Vertrauens, in der Mitarbeiter ihre Sorgen und Bedenken frei äußern können. Biete Lösungen an und nehmen die Angst deiner Mitarbeiter, dass das Teilen ihrer Gefühle – unproduktiv zu arbeiten - die Kündigung oder ähnliches als Konsequenz haben könnte.

 

Tipp 4: Weiterbildungen unterstützen

Fördere die Weiterbildung deiner Mitarbeiter, um ihnen neue Herausforderungen zu bieten und ihre Fähigkeiten zu erweitern.

Als Arbeitnehmer hast du oft auch den Anspruch auf eine Weiterbildung oder sogar Bildungsurlaub. Informiere dich über Angebote und frage proaktiv nach Möglichkeiten dein Wissen zu erweitern.

 

Tipp 5: Karriereplan für Aufstiegschancen erstellen

Plane Feedbackgespräche und diskutiere die berufliche Entwicklung deiner Mitarbeiter.

Als Mitarbeiter solltest du dir überlegen was deine nächsten Karriereschritte sind und wo du in der Zukunft stehen willst.

 

Tipp 6: Langweilige Aufgaben gerecht verteilen

Verteile monotone Aufgaben fair in Teams, um Unterforderung zu vermeiden.

 

Tipp 7: Starre Strukturen aufweichen

Biete flexible Arbeitszeiten und die Möglichkeit, von zu Hause aus zu arbeiten, um die Work-Life-Balance zu verbessern.

 

Tipp 8: Mit gutem Beispiel vorangehen

Nehme selbst an Weiterbildungen teil, um die Kreativität deiner Mitarbeiter zu fördern und neue Methoden der Führung zu erlernen.

 

Tipp 9: Erfolge feiern

Erkenne die Leistungen deiner Mitarbeiter an. Beispielsweise mit Auszeichnungen, Bonuszahlungen oder anderen Belohnungen.

Als Arbeitnehmer solltest du dich selbst belohnen. Feiere auch im Privaten deine beruflichen Erfolge.

 

Die Bekämpfung des Boreout-Syndroms erfordert die Zusammenarbeit von Arbeitgebern und Arbeitnehmern. Arbeitgeber sollten abwechslungsreiche Aufgaben bieten und das Wohlbefinden ihrer Mitarbeiter im Auge behalten, während Arbeitnehmer ihre Bedenken offen kommunizieren sollten. Ein offenes Ohr und Wertschätzung sind der Schlüssel zur Vorbeugung des Boreout-Syndroms. Gemeinsam können wir eine Arbeitsumgebung schaffen, in der sich jeder erfüllt und gesehen fühlt, und in dem Boreout keine Chance hat.

Denke daran, dass die Aufrechterhaltung der mentalen Gesundheit am Arbeitsplatz ein kontinuierlicher Prozess ist. Achte auf dich selbst und deine Bedürfnisse, denn deine mentale Gesundheit ist von größter Bedeutung. Bei Anzeichen eines Boreouts suche dir professionelle Hilfe, wende dich an deinen Hausarzt oder deinen Psychotherapeuten. Auch Online findest du Hilfe, sowie über die Telefon-Seelsorge.

Schafft es dein Arbeitgeber nicht deinen Bedürfnissen nachzukommen? Dann würden wir dir zu einem Jobwechsel rate. Lies dazu unseren Blogbeitrag oder lasse dich direkt von einem unserer HR-Experten beraten.

 

* Für eine bessere Lesbarkeit wird im vorliegenden Artikel nur das generische Maskulinum verwendet. Weibliche und anderweitige Geschlechteridentitäten werden dabei ausdrücklich mit gemeint, soweit es für die Aussage erforderlich ist.