Marcel Pino 07. Juni
Remote First: 6 So formst du eine starke Unternehmenskultur
Remote First: 6 So formst du eine starke Unternehmenskultur

Was als Notlösung während der Corona-Pandemie begann, ist heute für viele Unternehmen Standard – und für Bewerber:innen ein echter Entscheidungsfaktor. Full Remote zu arbeiten, bedeutet nicht nur mehr Flexibilität, sondern auch ein Lebensstil, der persönliche Freiheit, Effizienz und Selbstverantwortung miteinander kombiniert. Kein Wunder, dass Unternehmen mit Remote First-Ansatz heute bis zu 250 Bewerbungen auf eine Position erhalten. Einige Kandidat:innen nehmen dafür sogar Gehaltsabschläge, weniger Urlaubstage oder unkonventionelle Arbeitszeiten in Kauf – Hauptsache, sie können ortsunabhängig arbeiten.

Doch mit der Freiheit kommt Verantwortung. Wie bleibt eine Arbeitgebermarke stark, wenn niemand mehr im Büro ist? Wie wird eine Unternehmenskultur spürbar, wenn spontane Kaffeegespräche wegfallen? Und wie schafft man Zugehörigkeit, wenn sich Teams nur noch auf dem Bildschirm begegnen?
 


1. Was ist Kultur – und warum wird sie gerade jetzt wichtig?

Kultur ist das, was bleibt, wenn niemand hinschaut: Werte, Haltungen, Verhaltensweisen und zwischenmenschliche Codes. Im Büro entsteht sie oft informell: beim Flurgespräch, dem gemeinsamen Mittagessen oder durch gelebte Rituale. In Remote-Setups fallen diese zufälligen Begegnungen weg – und damit auch viele natürliche Berührungspunkte, die Kultur entstehen lassen.

Die Folge:
Unternehmen ohne aktive Kulturarbeit laufen Gefahr, dass sich Mitarbeitende isolieren, identitätslos fühlen oder sich innerlich vom Unternehmen abkoppeln – auch wenn sie technisch „funktionieren“.

 


2. Remote bedeutet: Kultur muss bewusst gestaltet werden

Unternehmenskultur entsteht nicht mehr automatisch im Büroflur oder bei der gemeinsamen Mittagspause. In einer Remote-Umgebung fehlen informelle Begegnungen, durch die sich Werte und Umgangsformen oft wie von selbst übertragen. Stattdessen muss Kultur aktiv vermittelt, vorgelebt und gestaltet werden. Das beginnt bei der Kommunikation – transparent, regelmäßig und wertschätzend – und reicht bis hin zu klar definierten Teamwerten und Führungsgrundsätzen. Eine bewusste Auseinandersetzung mit der eigenen Unternehmenskultur ist unerlässlich, um auch auf Distanz ein verbindendes Wir-Gefühl zu etablieren. Remote bedeutet nicht Kulturverlust, sondern Kulturarbeit mit System.

In Remote-Umgebungen entsteht Unternehmenskultur nicht zufällig, sondern nur mit Intention. Das bedeutet:

  • Werte sichtbar machen – z. B. in wöchentlichen All-Hands, bei Entscheidungen oder im Feedbackprozess
  • Kulturelle Rituale entwickeln – vom digitalen Stand-up bis zur monatlichen Team-Challenge
  • Transparenz leben – durch offene Kommunikation, Einblick in Entscheidungen und regelmäßige Updates aus der Führung

Wer die eigene Kultur nicht proaktiv gestaltet, lässt Raum für Beliebigkeit – oder im schlimmsten Fall für Misstrauen und Frust.
 


3. Vertrauen schlägt Kontrolle: Neue Führungsprinzipien

Im Remote Setting funktioniert Führung nicht mehr über Sichtbarkeit oder Kontrolle, sondern über Vertrauen, Selbstverantwortung und klare Ziele. Führungskräfte müssen lernen, loszulassen, statt Mikromanagement zu betreiben – und gleichzeitig mehr kommunizieren als je zuvor. Das bedeutet auch, regelmäßig Feedback zu geben, Entwicklungsgespräche zu führen und psychologische Sicherheit zu fördern. Moderne Führung im Remote-Umfeld heißt, Orientierung zu geben und gleichzeitig Autonomie zuzulassen. Wer heute führen will, muss sich weniger als „Kontrolleur“, sondern als Coach und Wegbegleiter verstehen. Vertrauen wird zur neuen Führungswährung – und entscheidet über Motivation und Leistungsfähigkeit des Teams.

Gerade Führungskräfte prägen Unternehmenskultur maßgeblich. In Remote-Setups braucht es eine neue Form von Leadership:

  • Weg von Mikromanagement, hin zu Vertrauen und Zielorientierung
  • Emotionale Präsenz statt physischer Anwesenheit
  • Aktives Zuhören und Empathie, auch wenn nur per Videocall

Besonders wichtig: Kulturelle Vorbilder. Führungskräfte müssen die gelebten Werte nicht nur predigen, sondern verkörpern – auch und gerade im virtuellen Raum.
 


4. Remote Onboarding: Kultur beginnt am ersten Tag

Gerade in Remote-Strukturen entscheidet das Onboarding über Zugehörigkeit oder Isolation. Neue Mitarbeitende brauchen von Beginn an eine klare Einführung in Arbeitsweisen, Tools, Kommunikationskanäle – aber auch in die gelebte Kultur des Unternehmens. Persönliche Willkommensrunden, Buddy-Programme und strukturierte Einarbeitungspläne sind wichtige Elemente, um Orientierung und Verbundenheit zu schaffen. Es ist wichtig, frühzeitig eine emotionale Bindung aufzubauen, Vertrauen zu etablieren und Raum für Fragen zu lassen. Ein gelungenes Onboarding vermittelt nicht nur Prozesse, sondern Werte, Rituale und Erwartungen. Wer hier investiert, legt den Grundstein für langfristige Identifikation und Motivation.

Der erste Eindruck zählt – auch (und besonders) im Remote-Modell.
Ein strukturiertes, warmes und persönliches Onboarding vermittelt von Anfang an, wofür das Unternehmen steht. Erfolgsfaktoren sind:

  • Welcome-Gespräche mit allen Schlüsselpersonen
  • Einführung in Unternehmenswerte & Kommunikationsprinzipien
  • Regelmäßige Touchpoints in der Einarbeitungszeit
  • Ein persönlicher Buddy für die ersten Wochen

So fühlt sich auch ein neuer Kollege in Süddeutschland schnell als Teil eines Teams mit Hauptsitz in Hamburg.
 


5. Kultur braucht Begegnung – auch ohne Büro

Digitale Zusammenarbeit ist effizient – aber sie ersetzt keine menschliche Verbindung. Deshalb sollten Unternehmen regelmäßige analoge Begegnungen schaffen, etwa durch jährliche Offsites, Workations, Teamevents oder Retreats. Diese Erlebnisse ermöglichen emotionale Nähe, bauen Vertrauen auf und stärken das Gemeinschaftsgefühl im Team. Solche Formate bieten Raum für echte Gespräche, abseits vom Alltag und dem Bildschirm. Besonders in Remote-Teams sind diese physischen Ankerpunkte entscheidend für langfristige Zusammenarbeit, Loyalität und ein stabiles Wir-Gefühl. Kultur lebt vom Miteinander – und das braucht manchmal echten Kontakt.

Diese Treffen dienen nicht nur der Produktivität, sondern vor allem dem Vertrauen, der Verbundenheit und der Identifikation mit dem Unternehmen. Denn auch ohne Büro kann eine Unternehmenskultur aktiv gelebt werden - mit den richtigen Formaten, Ritualen und Kommunikationswegen.


 


Fazit:

Remote Work verändert, wie wir arbeiten – aber nicht, dass wir als Unternehmen verbunden sind.
Eine starke Unternehmenskultur entsteht nicht durch Räume, sondern durch Menschen und ihre Haltung. Gerade in verteilten Teams zeigt sich, wie bewusst Unternehmen Kultur leben, transportieren und gestalten.

Wer es schafft, auch auf Distanz Nähe zu schaffen, Wertschätzung zu vermitteln und gemeinsame Werte spürbar zu machen, baut nicht nur ein motiviertes Team auf – sondern auch eine Organisation, die zukunftsfähig bleibt.